Der Alltag gestaltet sich in Amman als große Herausforderung, die täglich neu zu bewältigen ist. Sehr oft wollen wir einfach nur raus aus der Stadt. Das wirkt immer und lindert den unmittelbaren Druck. Es ist nicht leicht zu beschreiben, aber wenige halten es lange aus in Amman. Anbei ein paar Auszüge aus den Erfahrungen des täglichen Lebens:

Dicke Luft in Amman und die Spezies der Taxifahrer

Blick in den Staub vor dem UniversätsgebäudeIch sitze hier sehr schniek mit einem pinken, nassen Lappen im Genick an meinem Schreibtisch und habe soeben die Hoffnung aufgegeben, heute mein Arabisch weiter zu entwickeln. Uns hat vor 3 Tagen die Hitzewelle erwischt gepaart mit einer gigantischen Staubwolke, die Amman für einige Stunden völlig eingenebelt hat. Als die Staubwolke einfiel, stand ich gerade auf der Straße, um ein Taxi zum Zahnarzt anzuhalten. Das Taxifahren an sich ist ein riesiges Kapitel im Leben dieser Stadt, bei 10 Metern Sichtweite in der Rush Hour hat es sich als fast unbewältigbar herausgestellt. Da es in der Stadt kein organisiertes öffentliches Verkehrsnetz gibt, ist man auf Taxis angewiesen, außer man hat das Glück, einen Bus auf einer der Stadtautobahnen anzuhalten.

Die Taxifahrer sind einerseits die Sklaven des Höllenverkehrs, andererseits gerieren sie sich als Diven für die man ein breites Repertoire entwickeln muss, sonst ist man einfach immobil. Ich habe mich diesbezüglich schon ziemlich entwickelt, einerseits habe ich mir arabischen streetslang angeeignet, den ich an der Uni natürlich nicht lerne, andererseits bereite ich jede Taxifahrt vor und das täglich. Die Araber orientieren sich nämlich nicht an Straßennamen, die abgesehen davon auf jedem Plan unterschiedlich heißen, sondern an Landmarks. Das ist für Nicht-Amman-Bewohner schier unmöglich, denn die Moschee tut es natürlich nicht, die gibt es in jeder Straße. Es war mir anfangs völlig rätselhaft, aber irgendwie funktioniert es.

Das Schwierigste ist, ein Taxi zu bekommen, da sie entweder besetzt sind oder gerade nicht disponiert sind oder dein Ziel einfach nicht super finden. Die Kunst ist es dann während der Fahrt von der Bitt- in die Kampfstellung so überzugehen, dass es der Taxifahrer (es gibt nur ein Geschlecht in diesem Gewerbe) nicht bemerkt. Das betrifft Preisverhandlungen genauso wie Diskussionen über den Ehestand und die Anzahl der Kinder und vor allem die eigene Sicherheit. Unlängst musste sich meine Freundin Anne aus dem Taxi retten als der Fahrer aufgrund des Verkehrs ausgerastet ist und sein Schwert unter dem Sitz hervorgeholt hat, um damit auf einen anderen Autofahrer loszugehen. Das zählt zwar zu den Ausnahmen, aber richtig verwundert bin ich auch nicht gerade.

Gelassenheit statt Ergebnisorientierung

Apropos Bewältigung des Alltags, ich darf berichten, dass ich nach 5 Wochen meinen Antrag mit allen Stempeln und Unterschriften für die Registrierung zusammen hatte und beim Dean vorgesprochen habe. Ich muss zugeben, dass ich in einem fragilen Zustand bei ihm war, weil auf dem Weg dahin zu viele Behördenbesuche lagen. Ich war so glücklich, das geschafft zu haben, bis er mir mitteilte, dass alle meine Unterlagen für eine Person in Australien ausgestellt wurden. Als er meinen Gesichtsausdruck sah, hat er eine sehr untypische empathische Haltungsweise eingenommen, sonst weiß ich auch nicht was passiert wäre. Alles von vorne konnte er mir nicht ersparen, inzwischen liegen meine Papiere im Innenministerium, von dem ich einen Stempel benötige, um einen Aidstest machen zu dürfen, mit dem ich dann zur Polizeistation gehen darf, um meine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Heute erhielt ich einen Anruf, dass sie eine schönere Kopie meines Passes möchten, ich darf also morgen nochmals nachreichen.

Das Beruhigende daran ist, dass es nicht nur mir so geht, sondern allen – das aber blöderweise in jeder Lebenslage. Mein größtes Lernen war also, niemals und zwar wirklich niemals mit dem Anspruch irgendwo hinzugehen, etwas erledigen zu wollen. Man geht zur Post, zum Arzt, zum Magistrat – wohin auch immer zunächst einmal um die Lage zu sondieren und zu sehen, was es so gibt, wenn der Tag lang ist. Jedes Schriftstück und jede Auskunft muss mehrfach gegengecheckt werden, weil sie das nächste Mal sicher in bisschen anders ist oder jemand anderer gegenübersitzt oder….

Hier geht es zum 1. Beitrag über Die Ankunft in Amman während des Ramadan.


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