Was hat mich angetrieben? I don’t care I love it! So viele Rechtfertigungen und gute Gründe sind notwendig, damit es für andere nachvollziehbar wird. Dabei ist es ganz einfach. Wir wählen, wovon wir uns einen Mehrwert erhoffen. Ob ergebnisorientiert oder metaphorisch. Lernen, das Unbekannte, das Alte, das Mystische, das Angefeindete und Unverstandene. Mit der Hoffnung auf Erkenntnisse für das Neue, für Wachstum, Verstehen des Bestehenden mit all seinen Unterschieden, Akzeptieren. Neues Denken bringt neues Empfinden oder neue Qualitäten desselben zum Ausdruck. Neue Welten eröffnen und sich selbst wieder als Entdecker/in fühlen, eintauchen können, mit der Naivität eines Kindes. Von ganz vorne anfangen dürfen. Für manche Bedrohung, für manche Luxus, eine zweite, dritte Chance für die eigene Ganzheit.
Annäherung über das Schöne
Zuerst habe ich mich in die Ästhetik der Sprache verliebt. Die Kalligraphie, die Schönheit des geschriebenen Wortes, die zur Kunstform erhöht wird, und die Kombination mit dem rauen Klang, erdig und reduziert. Die Sprache an sich ist poetisch und die Poesie wirkt daher auf mich wie ihre natürliche Ausdrucksform. Das Spannendste für mich ist aber das Eindringen in eine andere Art des Denkens, die sich in der arabischen Lebenshaltung widerspiegelt.
Eine neue Sprache eröffnet eine neue Welt
Die arabische Sprache mit ihrer Grammatik belässt einen im Wesentlichen im Hier und Jetzt. Ohne dass es für das „Sein“ ein eigenes Wort verschwenden würde. „Es ist (einfach)“ in Bezug auf ein Objekt. Das zeitliche Geschehen spielt sich in der Gegenwart und in einer Vergangenheitsform ab, die Zukunft ist grammatikalisch möglich, aber sie wird kaum verwendet, denn wer bin ich schon, dass ich sagen kann was sein wird? Hier wird an die höhere Macht des Schicksals appelliert, diese aber auch in vollem Ausmaß akzeptiert. Inshalla! birgt gewissermaßen auch eine Demut vor dem Leben und reduziert die individuelle gestalterische Kraft des Menschen.
Diese Haltung widerspricht unserem westlichen Machbarkeitsstreben und hat in Bezug auf unsere Ausrichtung auf Effizienz eine beeinträchtigende Wirkung. Der Planbarkeit werden auf diese Weise natürliche Grenzen gesetzt. Als gelerntes Selbstverständnis der einen, aber zum Entsetzen der anderen, der internationalen Business Community und dem wirtschaftlichen Wachstum.
Das Beherrschen als unerreichbares Ziel, dafür die Poesie gefunden
Einen Schatz gehoben, kostbar und in seinem Mehrwert nicht zu beziffern. Die arabische Literatur, alt und modern, ist überwältigend, reichhaltig und eröffnet mir immer wieder neue Horizonte. Noch kann ich mich ihr nur auf dem Weg der Übersetzung nähern, wenn man von bilderreichen Kinderbüchern absieht. Die kurze Erfahrung lehrt mich, meine Ziele zurückzuschrauben, aber die Ambition hoch zu halten. Anders werde ich nie ein arabisches Buch lesen oder in einen ernsthaften Dialog treten können. Womit ich eines meiner Lebensziele offengelegt habe. Wir werden sehen, Inshalla!
Zum Hinein hören: Don’t live a half life, Gedicht von Khalil Gibran
Beitragsbild: alte Schrifttafeln im Kalligrafie Museum in Sharjah, UAE